Künstlerin Barbara Kamphusmann - hier mit dem Zeitzeugen Ulrich Wieners - stellt in der Aaschule aus. (Foto: Michael Hagel)

 

 

MünsterscheZeitung

www.muensterschezeitung.de/kultur

16.05.2010 18:15 Uhr

Ausstellung in der AaschuleAls die Land-Idylle bombardiert wurde

GREVEN Alles an dieser Schule ist Idylle, alles wirkt wie aus der Zeit gefallen: Die einsame Lage im Tal des Flüsschens Aa. Der verwitterte Backstein aus der Kaiserzeit. Die beschlagenen Doppelglas-Fenster. Die hohen Räume mit den alten Kugelleuchten unter der Decke. Die Bauerschaftsschule in Greven-Aldrup ist ein durch und durch verwunschener Ort.Von Michael Hagel

In diesem Refugium fern von allem, was moderne Kunst an Einflüssen und Botschaften aussendet, hat sich die gebürtige Französin und Wahl-Münsteranerin Claude Cuntz ihren Traum einer Kunstschule verwirklicht. In ihr zeigt sie immer mal wieder recht ambitionierte kleine Ausstellungen, die sich oft mit der speziellen Magie dieses Ortes auseinander setzen.

Zeitzeugen befragt

Noch bis Ende Mai läuft in Aldrup das vielleicht spannendste Kunstprojekt seit langem: „Schule ist aus ...“ heißt es und thematisiert die Historie dieser Bauerschaftsschule. Die münstersche Künstlerin Barbara Kamphusmann hat mit ehemaligen Schülern und Lehrern der Aaschule gesprochen, hat sie erzählen lassen und somit die Geschichte des Ortes zum Kunstwerk veredelt. „Oral history“ (mündliche Geschichte) heißt das Verfahren auf Neudeutsch, es ist unter Historikern schwer angesagt.

Ulrich Wieners kennt diesen Begriff nicht. Der 84-Jährige wuchs als Lehrersohn in der Aaschule auf. Die ersten 25 Jahre seines Lebens verbrachte er hier, in der angegliederten Wohnung. Ein Zeitzeuge also. Er erzählte der Künstlerin, wie sein Vater in den Sommerferien den Eichenboden ölte und der danach stets wochenlang roch. Wie er mit seinen Freunden im nahen Wäldchen ein Baumhaus baute. Wie während des Zweiten Weltkriegs eine Fünf-Zentner-Bombe in den Schul-Innenhof fiel – aber zum Glück nicht detonierte.

Leiden des Krieges

Ja, der Krieg. Er brachte auch in der Bauerschaft Aldrup viel Leid. Schüler der Aaschule kamen blutjung an die Front und starben. Der Lehrer musste den Eltern die Todesnachricht überbringen. Barbara Kamphusmann hat all das tief beeindruckt. Ihre Installation „Asche-Licht“, acht großformatige, mit Asche und goldener Farbe bemalte Leinenbahnen, will diese Spannung zwischen behütetem Landleben und plötzlichem Tod zeigen.

In einer Ecke des ehemaligen Klassenzimmers hat Kamphusmann Holzscheite gestapelt: angekokelte ebenso wie golden angemalte. „Asche-Gold“ nimmt Bezug auf das unglaubliche Glück, das Ulrich Wieners‘ Familie hatte, als die Fliegerbombe im Schulhof nicht explodierte.

Es gibt noch mehr solcher assoziativer Kunstwerke. Sie alle regen an zum Nachdenken über damals und heute. Über eine Landidylle, deren Hülle zwar noch unversehrt steht, deren Halbwertszeit nichtsdestotrotz begrenzt war. K Michael Hagel
 
Kunsthaus Aaschule, Greven, Aldruper Brink 33, Mi 14-16 Uhr und nach Vereinbarung, Tel. (02 51) 23 35 26 (bis 30. Mai).